Kulturelle Identität aus buddhistischer Sicht
·期刊原文
Kulturelle Identität aus buddhistischer Sicht –
Alte Erfahrungen einer Weltreligion mit der Gegenwart
Marcus Bingenheimer
Research Assistant
Chung-hwa Institute of Buddhist Studies
Globalisierung und Identität
2002 pp. 292-307
Fu Jen Catholic University
Taipei, Taiwan
Copyright by Marcus Bingenheimer, 2002
1. Zum Sprachgebrauch von “Identität” (Europa, Anfang 3. Jahrtausend n. Chr.)
Trotz der grossen Problematik des Begriffs der Identität, insbesondere in seiner Anwendung auf den Menschen als Individuum und Gruppe, wird er weithin gebraucht. Ein Beispiel aus einer Broschüre zum europäischen Jahr der Sprachen, das typisch für die Verwendung des Begriffs ist, die sich spätestens seit den 90er Jahren durchgesetzt hat:
“Globalisierung und mediale Vernetzung haben die Debatte um europäische und nationale Identitäten neu entfacht. Im Kontext des sich wirtschaftlich und kulturell wandelnden Europas gilt es daher, der kulturellen und sprachlichen Vielfalt verstärkt Aufmerksamkeit zu verleihen.”[1]
Versetzten wir uns in die Rolle einer Deutschlernenden, die sich unklar über die Bedeutung des Wortes “Identität” ist. Wir schlagen nach.
Die Wörterbücher geben sich zurückhaltend. 1984 noch gibt Meyers Grosses Universallexikon (15 Bde.) vier kurze Definitionen von Identität unter den Rubriken Logik, Mathematik, Quantentheorie und Psychologie. Für unsere Zwecke ist lediglich Psychologie relevant. Die Leserin wird hier auf das Lemmata “Ich-Identität” verwiesen. Dort findet man folgende (unsinnige) Definition:
“Ich-Identität, die Übereinstimmung von subjektiver Selbsteinschätzung und der Beurteilung der eigenen Person durch andere.”
14 Jahre später im Grossen Brockhaus (24 Bde.) wird diese Definition wortwörtlich übernommen (Ichidentität diesmal ohne Bindestrich).[2] Allerdings ist man auch weitergekommen. Zweifellos wegen des zunehmenden Gebrauchs, ist ein relativ umfangreicher Artikel zu “kultureller Identität” aufgenommen worden, der den Begriff gut umreisst. Es heisst hier:
“kulturelle Identität, häufig gebrauchter, zugleich aber umstrittener Begriff, nach dem die Individuen und Gruppen über eine spezifische Art des Selbstbewusstseins verfügen, das sich aus ihrem Bezug auf die durch eine bestimmte Kultur repräsentierte Werte, Fähigkeiten oder Verhaltensmuster ergibt.”
Diese Definition soll im folgenden durch einige Beobachtungen zur Verwendung ausgeführt werden. Ich gebe diesen Beobachtungen Raum um einigen Fragen im Zusammenhang mit “Identität” deutlicher hervortreten zu lassen.
Im deutschen Sprachgebrauch ist es zur Zeit möglich, von der Identität einer Kultur (Nation, Region, Gemeinschaft) zu sprechen. Es ist möglich zu sagen, Kulturen (Nationen, Regionen, Gemeinschaften) können ihre Identitäten finden oder gar verlieren. Was ist mit Identität hier gemeint? Die Gesamtheit der kulturellen Verrichtungen und Informationen? Eine emotionale Gestimmtheit, ein Wir-Gefühl?
Der Begriff “Identität” wird sowohl auf Gruppen aller Arten als auch auch auf Individuen verwendet. Man kann Identität haben, finden und verlieren. In letzterem Fall bekommt man eine andere, da es im Sprachspiel zur Zeit kaum möglich ist, Identität nicht zu haben. (Verlust personaler Identität gilt als Fall der klinischen Psychologie.)
So wie der Begriff verwendet wird, scheint er etwas zu meinen, was im Individuum früher gern als Seele benannt wurde, heute oft auch als Ego oder Persönlichkeit.
Feststeht, kulturelle Identität verändert sich nicht gern. Sie gilt als Konstante, ist unter anderem der Drang, sich selbst möglich ähnlich zu bleiben, und Veränderungen, wenn nicht auszuschliessen, so doch zu kontrollieren.
Identität ist (im Unterschied zu “Ego” etwa) ein positiver Begriff. Wir mögen Identität. Etwas verwunderlich, nach all den Erfahrungen des letzten Jahrhunderts mit nationalen Identitäten. Denn der Haken, die Zweischneidigkeit des Begriffs, liegt schliesslich auf der Hand: Identität geht allseits einher mit Differenz.
Der Kern der Identität ist ihre Grenzen. Darum wird Identität oft dann beschworen, wenn es um den Verlauf von Grenzen geht.
Die Zauberformeln mit denen kulturelle Identität beschworen wird, sind im Modus der Erinnerung. Die Erinnerung an die verlorene Schlacht auf dem Amselfeld wird zum Referenzpunkt für Serbische Identität gemacht. Heraufbeschworenen mit Hilfe einer Erinnerung wird durch Identität eine Grenze legitimiert.
Umzüge in Irland erinnern an Siege einer Konfession gegen eine andere. Diese Umzüge verlaufen immer auch durch Stadtviertel und Strassenzüge der anderen Partei. Deren Bewohner mögen das, woran die Umzüge erinnern, nicht zum Inventar ihrer Identität zählen.
Wer bestimmt, was eine Identität ausmacht? Wer kontrolliert den Gebrauch der Erinnerungen? Dass die Verwendung von Begriffen, das Arrangement ihrer Bedeutung in innigem Zusammenhang steht mit dem Spiel der Macht in einer Gruppe, wissen wir nicht erst seit “Le Mots et les Choses”. Schon Alice im Wunderland muss sich auf ihre Frage, ob man Worte einfach etwas anderes heissen lassen könne, sagen lassen: “Es kommt nur darauf an, wer der Stärkere ist, weiter nichts!”
“Alle Tiere sind gleich. Manche sind gleicher.” In jeder Gruppe sind Mächtige am Erhalt der Prinzipien der Machtverteilung interessiert, die sie gemeistert haben. Deshalb manipulieren sie die Konstruktion der Gruppenidentität in einer Weise, die dem Status quo dienlich ist.
Kehren wir zur Brockhaus Definition zurück, vorbildlich konstruiert, führt sie zu weiteren Einsichten:
“Seine Bedeutung in sozialer und politischer Hinsicht gewinnt der Begriff nicht zuletzt daraus, dass darin zwei zentrale Emanzipationsbereiche des bürgerlichen Denkens seit der Aufklärung zusammengefasst werden: zum einen die auch den Menschenrechten zugrundeliegende Vorstellung, dass sich Personalität und Identität des Einzelnen aus seiner Unverwechselbarkeit mit anderen und damit aus seinem Recht auf Besonderheit bestimmen lassen (“so wie kein anderer”), zum anderen die bei Herder vorformulierte Auffassung, dass sich Kulturen – darin Individuen vergleichbar – auf jeweils besondere Art entwicklen und sich daraus in demselben Masse, in dem der einzelne Mensch Anspruch auf Gleichheit habe, auch ein Anspruch universaler Gleichstellung der Kulturen ableiten lasse.”
Davon abgesehen, dass die Passage ein unglückliches Beispiel für deutschen Satzbau abgibt, enthält sie zwei Volltreffer. In umgekehrter Reihenfolge: Spätestens seit dem 19. Jahrhundert denkt man sich Kulturen als menschliche Individuen.[3] Zweitens, diese besonderen, unverwechselbaren Individuen haben ein Recht auf ihre Besonderheit.
Diese Verknüpfung von Identität mit dem Recht darauf, sowie die Situierung von “kultureller Identität” als ein Produkt der emanzipatorischen Kräfte in der europäischen Tradition sind zwei wichtige Aspekte des Problems. Ich möchte den legalen, legitimierenden Aspekt fürs Erste auf sich beruhen lassen und nur den zweiten, Identität als europäisches Phänomen, mittels eines Perspektivenwechsels weiterentwickeln.
Unser vorläufiges Fazit ist jedoch: Im derzeitigen “westlichen” Gebrauch des Begriffs “kulturelle Identität” und vielleicht auch im Begriff “Identität” überhaupt, geht es um die Begründung von Rechtsansprüchen. Hierbei ist zu allererst das Recht auf Dasein per se gemeint. Wenn Menschen oder Gruppen sagen: “Unsere kulturelle Identität ist so”, meinen sie eigentlich: “Wir sind so und haben ein Recht so zu sein.”
Dies kann je nach Situation als eine Feststellung, eine Bitte, eine Forderung oder eine Drohung gelesen werden.
2. Anattā im Buddhismus (Indien, 5.-1. Jahrhundert vor Chr.)
Manchmal sieht man Dinge aus der Entfernung klarer. Wenn kulturelle Identität etwas so wichtiges ist, wie steht es dann mit ihrer Wahrnehmung in anderen Kulturen? Wie wir gesehen haben, ist die Vorstellung einer kulturellen Identität entstanden aus der Verknüpfung der Vorstellung einer individuellen Identität mit der Vorstellung es gäbe diskrete Kulturen. Es liesse sich m. E. zeigen, dass die Vorstellung einer personalen Identität zuerst entstanden ist, und deren Ausweitung auf Nationen erst später (auf Kulturen noch später) erfolgte. Personale Identität heisst, dass Personen in der Zeit mit sich selbst identisch sind. Es ist der Konsens auf dem die meisten Verrichtungen unseres Alltags basieren. Ob wir eine Lebensversicherung abschliessen, Fotos aus unserer Kindheit ordnen, oder uns ein Richter für eine Tat verurteilt, die wir vor geraumer Zeit begangen haben, immer gehen wir davon aus, dass wir in der Tat die gleichen Menschen sind, die wir waren oder sein werden. Das scheint ein Allgemeinplatz, ist aber durchaus problematisch. Es kann an dieser Stelle nicht näher auf die philosophischen Schwierigkeiten eingegangen werden, die eine Annahme personaler Identität nach sich ziehen.[4] Es ist auch nicht nötig, denn der Begriff wird im Alltag als Allgemeinplatz verwendet und nicht als philosophisches probandum. Es geht hier darum, den Begriff der kulturellen Identität im Vergleich mit der frühen buddhistischen Denktradition zu beleuchten.
In der Vielfalt der Denkansätze im frühen Buddhismus[5] gibt es eine Lehre die immer wieder als grundlegend angeführt wird. Sie, die sogenannte Anattā Lehre, besagt, dass der Mensch keinen unwandelbaren Wesenskern besitzt. Es gab zwar auch in der buddhistischen Tradition von frühster Zeit an immer Stimmen, die einen solchen Seelenkern vertraten oder wenigsten zur Diskussion stellten[6], der Mainstream der frühen buddhistischen Schulen jedoch, entwarf seine Modelle immer ausgehend von anattā – ‘ohne-selbst’. Lediglich anicca, das Prinzip der Vergänglichkeit, und Nirvana, das summum bonum als ein von Menschen erreichbares Ziel, haben einen ähnlich grundlegenden Stellenwert in der buddhistischen Tradition.
Trotz der Verneinung der Person als einer seperaten Entität, sehen sich jedoch auch Buddhisten mit dem empirischen Dasein eines Kontinuums konfrontiert, das in Raum und Zeit bestimmte Erfahrungen macht und sich später daran (und seiner selbst) erinnert. Der Buddhismus erklärt das “Ich” jedoch als eine Gruppe blosser Ansammlungen, Konglomeraten von physischen und psychischen Daseinsfaktoren. Diese sind ihrerseits ganz ohne Seele und ohne Bewusstsein. Die Beschreibung wie diese Konglomerate im einzelnen aufgebaut seien, hat sich im Laufe der Jahrtausende immer wieder verändert, mitunter beinahe in ihr Gegenteil verkehrt. Im frühen Buddhismus lassen sich eine Reihe von Modellen unterscheiden, mit denen erklärt werden sollte, was der Mensch ist, und warum er so ist wie er ist. Es gibt die fünf Skandha, die zwölf Āyatana, die achtzehn Dhātu und schliesslich die abhidharmischen Systeme die 75, 92, 100 oder 109 Daseinsfaktoren (dharma) annehmen. Als Illustration für diesen Denkweg, der das Dasein, ähnlich des Periodensystems in der Chemie, in eine Vielzahl von Faktoren aufteilt, sei hier das Modell der fünf Skandha kurz umrissen.
Nach der Skandha Lehre besteht die menschliche Existenz aus fünf vergänglichen, sich ständig verändernden Komplexen, den sogenannten Skandhas (Haufen, Ansammlungen). Da wäre zuerst das rūpaskandha, d.h. die Physis des Menschen und seiner Umwelt (dieses skandha hat in den letzten dreihundert Jahren im Westen ausserordentliche Aufmerksamkeit gewonnen). Zweitens vedanā, die körperlichen und geistigen Empfindungen, die der Kontakt mit (körperlichen und geistigen) Dingen verursacht. Drittens saññā, die Ideen, die aus Wahrnehmung entstehen und diese strukturieren. Viertens saṃkhāra, die intentionalen Kräfte, die vor allem auf psychischer Ebene wirken. Und fünftens viññāṇaṃ, Bewusstsein als Gesamtheit der Mechanismen der Wahrnehmung von Beziehungen zwischen Dingen und damit auch der Selbstwahrnehmung.
Diese Kategorien muten vielleicht auf den ersten Blick ein wenig seltsam an, es sei jedoch daran erinnert, dass alle Kategorien erst gelernt sein müssen (auch, sogar vor allem, die der Identität). Ein Charakteristikum aller frühen buddhistischen Systeme ist, dass eine deutliche Mehrzahl der Faktoren geistige Zustände betreffen. Die Ordnungen der Materie rūpa spielen eine untergeordnete Rolle. Was mit vedanā, saññā, saṃkhāra und viññāṇaṃ gemeint ist, lässt sich heute noch verstehen und erfahren, wenn man sie im Kontext eines traditionellen buddhistischen Übungsweges erprobt. Ob allerdings unsere Interpretationen und Erfahrungen heute dieselben (identisch) sind, wie die der Autoren dieser Modelle ist letztlich kaum zu beweisen.
Es bleibt festzustellen, dass das Menschenbild des Buddhismus offensichtlich ohne Annahme eines festen, unveränderlichen Wesens auskommt, wie es in unserer Verwendung des Wortes Identität gemeint scheint. So wie rūpa, vedanā, saññā, saṃkhāra und viññāṇaṃ charakterisiert werden, als vergänglich und leidvoll, ist kein Platz für ein Ich, das in der Zeit mit sich selbst identisch ist. Ein typisches Beispiel für die buddhistische Argumentation findet sich in Saṃyutta-nikāya:
[Der Buddha:] Was meinst du, Susīma? Ist der physische Körper (rūpa) ewig oder vergänglich?
[Susīma:] Vergänglich, Herr.
Und was vergänglich ist, ist das leidvoll oder voll des Glücks?
Leidvoll, Herr.
Und das, was vergänglich, leidvoll, unbedingt veränderlich ist, tun wir gut daran es so zu betrachten: das ist mein, ich bin das, das ist meine Seele?
Nein, Herr.
[Und gilt das gleiche für Empfindungen (vedanā), Ideen und Konzepte (saññā), intentionale Kräfte (saṃkhāra) und reflexives Bewusstsein (viññāṇaṃ)?
Ja, Herr.]
Daher, Susīma, welches rūpa auch immer, vergangen, zukünftig oder gegenwärtig, innen oder aussen, grob oder fein, gemein oder erhaben, fern oder nah – von all diesem zu sagen es ist nicht mein, ich bin das nicht, das ist nicht meine Seele: das soll gute Einsicht als wirklich ansehen. Und das gleiche gilt für vedanā, saññā, saṃkhāra und viññāṇaṃ.[7]
In den fünf Skandhas (das gleiche gilt für Dhātu or Āyatana) ist also kein Ich zu finden. Alle körperlichen und geistigen Zustände gleich ob “vergangen, zukünftig oder gegenwärtig” in der Zeit sollen nicht als Basis für Identität (ich, mein, meine Seele) angesehen werden. Der Opatativ ist bemerkenswert. Die Wahrnehmungen der “guten Einsicht” (sammappaññāya) “sollen so angesehen werden” (daṭṭhabbam), weil es aus buddhistischer Sicht soteriologisch nicht sinnvoll ist, etwas zu postulieren, das sich nicht beobachten lässt.[8] Die primären Elemente unserer Existenz sind vor allem mentale, aber auch körperliche Zustände, während das Gefühl der Existenz eines Kontinuums sekundär, sozusagen abgeleitet ist.[9]
Wechseln wir die Ebene. Gilt das, was der Buddhismus über den Einzelnen sagt, auch für seine Ideen über die Gemeinschaft? Wie wir gesehen haben, wird im westlichen Denken die Existenz von Identität postuliert und auf eine kulturelle, nationale oder ethnische Ebene ausgeweitet. Zu gleichen Zeit als Herder und Humbold einen (imperialistischen) Kulturbegriff prägten, beschwor Savigny den “Volksgeist”, der heute noch sein Unwesen treibt. Wie funktioniert Gemeinschaft in einer Denktradition die Identität auf geistig-körperliche Zustände reduziert?
Der buddhistische Sangha, die Gemeinschaft der buddhistischen Nonnen und Mönche, war über weite Strecken der Geschichte die grösste religiöse Gemeinschaft der Welt und ist heute die älteste dieser Organisationen. Einmal in den Sangha aufgenommen, haben alle Mönche die gleichen Rechte und Pflichten. Ein minimales “Glaubensbekenntnis” liesse sich mittels der sogenannten “Drei Schätze” konstruieren. Der Buddha (als Vorbild und Ideal), das Dharma (als zu praktizierende Lehre) und der Sangha selbst (als durch einen anerkannten Regelkodex regulierte Gemeinschaft).
Der Sangha nimmt nicht Rekurs auf eine metaphysische Begründung des eigenen Daseins (etwa Stadthalterschaft für ein höheres Wesen, Offenbarung o.ä.). Die Struktur der buddhistischen Gemeinschaft ist ein Ergebnis der Frage “Wie soll eine spirituelle Gemeinschaft zusammen leben?” Der Vinaya ist ein, auch für unsere Begriffe, überwiegend rationaler Regelkodex. Überraschenderweise gibt es eine Anzahl von Ähnlichkeiten zwischen den Prinzipien der Vinayaregeln (keine Todesstrafe, geregeltes Verfahren, Egalität vor den Regeln) und dem europäischen Rechtssystem in seiner Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg.[10]
Wenn also der Buddhismus keine unveränderliche Substanz als Träger der Gemeinschaft zugibt, ist es dann gerechtfertigt, von einem Buddhismus zu sprechen, oder muss man viele Buddhismen annehmen? Die Veränderungen, die der Buddhismus auf seinem Weg durch die Kulturen in Doktrin und Praxis erfahren hat, sind in der Tat enorm. Als der Buddhismus von Indien nach China gelangte, und von dort aus weiter nach Korea, Japan und Vietnam, veränderte er sich aufgrund von anderen geographischen Bedingungen (In China wäre es mit dem Buddhismus schnell zu Ende gewesen, wenn die Mönche weiterhin unter Bäumen und in Grashütten geschlafen hätten.).
Er veränderte sich unter anderen politischen Bedingungen. (In der indischen Tradition war der Sangha den weltlichen Herrschern wenigstens theoretisch gleichgestellt, und nicht (ebenfalls idealerweise) dessen Gerichtsbarkeit unterworfen. Diese Tradition besteht in Sri Lanka und Thailand bis heute. In China konnte dieses Ideal angesichts einer starken Zentralverwaltung mit einer eigenständigen Herrschaftsideologie, dem Konfuzianismus, nicht gehalten werden.)
Und schliesslich veränderte sich der Buddhismus unter anderen allgemein-kulturellen Bedingungen (siehe etwa die Assimilation der chinesischen Auffassung von Kindespietät (xiao 孝)[11]).
Was ist inmitten all dieser Veränderungen mit der buddhistischen Identität geschehen? Gibt es so etwas wie eine interkulturelle Identität des Buddhismus? Japanischer Buddhismus unterscheidet sich in zahllosen Punkten von Ritus und Doktrin von dem Buddhismus, wie er in Sri Lanka gepflegt wird. Handelt es sich wirklich um die gleiche Religion wie oft gefragt wird? Das scheint für die buddhistische Welt und deren Vertreter keine wichtige Frage zu sein. Fragen der Doktrin werden nicht jenseits selbigen Rahmens diskutiert (oder gar etwa in einen “Kampf der Kulturen” umgemünzt). Woher kommt diese Gelassenheit gegenüber Interpretationen der Lehre, die von der eigenen abweichen? Die Gelassenheit gegenüber dem “Anderen”?[12]
Die oben genannten Quellen des buddhistischen Wir-Gefühls – der Buddha als Ideal, das Dharma als Lehre, der Sangha als Organisationsform – finden sich in ähnlicher Form auch in den andern Weltreligionen. Deren Stifter und Propheten, Theologien und Kodices stehen dem Buddhismus in nichts nach. Was den Buddhismus von diesen unterscheidet, und den Verlauf seiner Geschichte mitbestimmt hat, ist, dass ganz zu Beginn der Tradition ein Verzicht ausgesprochen wurde auf eine metaphysische, jenseitige, der Diskussion nicht zugängigen Begründung der eigenen Identität. Wer glaubt, dass die eigene Person oder Gruppe in einem absoluten Sinn von einem höheren Wesen ausgewählt und veredelt wurde, kann sich leichter über andere Personen und Gruppen absolut hinwegsetzten und sie sich (allen guten normativen Vorsätzen zum Trotz) unterwerfen. Wer hingegen glaubt, dass die eigene Identität (wie die der anderen) ein höchst präkärer, instabiler und weitgehend illusionärer Zustand sei, dürfte weniger geneigt sein, andere aus Prinzip zu bekehren oder zu unterwerfen.
Warum sonst ist die Ausbreitung des Buddhismus unblutig verlaufen[13]? Gibt es keine Aufrufe gegen Ketzer mit Gewalt vorzugehen? Keine Fatwa und keinen Jihad? Warum wurden keine Kriege im Namen Buddhas geführt? Es liegt nahe, hierhin ein Ergebnis der Lehre zu sehen, die einen konzeptuellen Rahmen errichtet, in der solches Verhalten keinen Platz findet.
Es hat durchaus auch in der Geschichte des Buddhismus gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben. Es gab Zeiten und Kulturen in denen Teile des buddhistischen Klerus eng mit den Herrschern eines Landes verbunden waren und diesen religöse Rechtfertigungen für ihre Feldzüge gaben. Doch aufgrund der strikt dezentralen Machtverteilung in den von altersher festgelegten Vinayaregeln war es weiten Teilen des Klerus immer möglich sich der Identifizierung von Staat und Religion zu entziehen. Dies umsomehr, da eine solche Vereinnahmung des Sangha durch ein Volk, eine Nation oder einen Staat in keiner buddhistischen Lehrrichtung eine theoretische Grundlage findet. Es war also nicht ein Mangel an Gelegenheit, der die Einheit und Komplizenschaft von Sangha und Herrschern verhinderte. Es war vielmehr, die seit den indischen Anfängen bestehende Auffassung vom Sangha als einer von der weltlichen Macht unabhängigen, und zugleich dezentral organisierten Gemeinschaft. Einer Gemeinschaft, in der Widerspruch möglich ist und lebhafte Debatten (ohne Todesfolge) fester Bestandteil der Tradition sind.
Ein anderer entscheidender Unterschied zu monotheistischen Religionen ist, dass es in keiner buddhistischen Lehre ein Äquivalent gibt zu Begriffen wie “Volk Gottes”, “Königreich (basileia) oder Stadt (civitas) Gottes” oder die Forderung nach der Einheit von religiöser und weltlicher Gesetzgebung in einem Codex wie der Sharia. Ich erkläre dies als ein Resultat des dezentralen, reduktionistischen Identitätsbegriffes des frühen Buddhismus.[14]
Die dezentrale, differenzierende Begründung der individuellen Identität hatte eine dezentrale, diffuse Gruppenidentität zur Folge, die den Herrschern den Zugriff auf die Gruppe erschwerte. Dies bewahrte den Buddhismus weitgehend davor, für die politischen Interessen einer Clique zum Schwert gemacht zu werden. Andererseits hat der Buddhismus jedoch auch keine Visionen oder Utopien entwickelt, die einer Gesellschaft politische Ziele setzen könnten. Die Ziele der europäischen Aufklärung (enlightenment) sind implizit wie explizit politische Ziele. Die Ziele des Buddhismus, für die enlightenment ebenfalls eine grosse Rolle spielt, sind im wesentlichen nicht gesellschaftlicher Natur. Der Sangha als eine Gemeinschaft, die von der Gesellschaft wirtschaftlich abhängig und gleichzeitig machtpolitisch unabhängig sein soll, war und ist utopisch genug.
Identität ist nach buddhistischer Auffassung ein sich ständig veränderendes Zusammenspiel verschiedener geistiger und materieller Faktoren. Von diesen abgeleitet, ist ihr ontologischer Status prekär. Der frühe Buddhismus neigt dazu personale Identität gänzlich zu verneinen, betrachtet sie jedenfalls als irrelevant. Das gleiche gilt natürlich für kulturelle Identität. Eine unveränderliche Substanz oder auch nur Konstante, wie sie von Befürwortern eines bestimmten Kulturbegriffs angenommen wird, wird gar nicht erst diskutiert. Aus buddhistischer Sicht sind dies einfach falsche Ansichten (miccā-diţţhi) (die im übrigen zu einer Wiedergeburt in einer Hölle oder der Tierwelt führen).
3. “Identität” – eine Gebrauchsanweisung
Wenn man nun ohne das Konzept einer personalen Identität auskommt, warum sollte man sich, von der Gefahr des Höllenfeuers ganz abgesehen, die Mühe machen, solch eine Identität zu postulieren, auszustatten oder gar für sie zu kämpfen? Hier stösst man häufig auf das Argument, eine starke Ich-Identität sei für ein erfülltes Leben notwendig. Ob die Formulierung von Identitäten für eine Gesellschaft wirklich von Vorteil ist, darf allerdings bezweifelt werden.
Der Zusammenhang zwischen Identitätskonzepten und gesellschaftlichem Handeln ist bereits kurz angesprochen worden. Die buddhistische Theorie geht davon aus, dass Altruismus besser in einem Weltbild verwirklicht werden kann, welches ohne die Annahme von Identitäten arbeitet. Im Rahmen der europäischen Philosophie kommt Derek Parfit in Reasons and Persons (Oxford: Clarendon Press, 1984) zu ähnlichen Ergebnissen. Parfit gehört zu einem Kreis von Denkern, die dem reduktionistischen[15] Strang in der europäischen Tradition folgend, zu dem Schluss kommen, dass Identität nicht ist “what matters”, weder für den Einzelnen noch für die Gesellschaft. Interessant an Parfit ist nicht nur die erstaunliche Ähnlichkeit seiner Ergebnisse mit denen des frühen Buddhismus[16], sondern auch seine Schlussfolgerungen für eine Ethik auf nicht-personaler Grundlage.
Parfit arbeitet ausschliesslich aus der europäischen Denktradition heraus, gibt jedoch zu erkennen, dass er sich der Ähnlichkeiten mit anderen Traditionen bewusst ist und diese wichtig nimmt:
... I have not considered views held in different ages, or civilizations. This fact suggests a disturbing possibility. I believe that my claims apply to all people, at all times. It would be disturbing to discover that they are merely part of one line of thought, in the culture of Modern Europe and America.
Fortunately, this is not true. I claim that, when we ask what persons are, and how they continue to exist, the fundamental question is a choice between two views. One one view, we are separately existing entities, distinct from our brain and bodies and our experiences, and entities whose existence must be all-or-nothing. The other view is the reductionist view. And I claim that, of these, the second view is true.... Buddha would have agreed.[17]
Nach Meinung Parfits ist eine Ethik, deren Handlungsprämissen nicht in einer personalen Identität begründet sind, nicht nur möglich, sondern auch erstrebenswert. Er hegt die Hoffnung, dass es Menschen, die sich nicht in erster Linie als einzigartige Identitäten sehen, eher gelingen dürfte, sich anderen zu öffnen und von sich abzusehen. Eine reduktionalistische Weltanschauung würde den Abstand zwischen den Menschen verringern. Das, was uns in Vergangenheit und Zukunft mit uns selbst verbindet, ist dem, was uns mit anderen verbindet, ähnlicher, als es eine nicht-reduktionalistische Auffassung von Identität erlaubt. Eine Ethik, die eine substanzielle Identität verneint, wäre zugleich unparteischer und gewaltfreier, da der Unterschied zwischen der Sorge um das Selbst und der Sorge um andere weniger wichtig wird.
Dass der Begriff “Identität” in diesen Jahren neue Wichtigkeit erlangt hat, ist vor diesem Hintergrund eher bedenklich. Zwar wird Identität oft als Begründung für berechtigte Forderungen verwendet, aber unübersehbar ist auch die latente Gewaltbereitschaft, die allzu häufig mit der Behauptung von Identität einhergeht.
Nach dem Ende des kalten Krieges haben viele ethnische Gruppe eine Stimme gefunden, neue Chancen zur Lösung alter Konflikte sind entstanden. Viele alte Konflikte aber schwelen weiter. Von Nordirland bis Micronesien, überall werden Konflikte zunehmend unter dem Vorzeichen von Identität begriffen.
Auch Begriffe wie Nation oder Konfession seien, so sagt man heute, Ausdruck einer Identität. Da man jedoch, angenommen der Anattā-Reduktionismus ist wahr, gar nicht über eine Identität in diesem Sinne verfügt, ist man gezwungen, eine “eigene” Identität schliesslich aus den Unterschieden zum Anderen zu definieren, was, wie man sehen kann, auch allerorts geschieht. Dieses Andere wird je nach Bedarf persönlich, kulturell, national oder religiös konstruiert. So wird aus der irrigen Vorstellung eines konstanten “Selbst” die irrige Vorstellung eines koherenten “Anderen”. Dieser stabilisiert die Vorstellung einer eigenen Identität unter anderem, indem er als Projektionsfläche für Ängste dient (“grosse Satan Amerika”) oder als Gründe für die eigenen Lebensprobleme (“Ausländer nehmen die Arbeitsplätze weg”).
Kultur jedenfalls, um auf den Begriff der kulturellen Identität zurückzukommen, ist das Gegenteil von Identität. Sie ist ein Spiel der Differenzen, chaotisch und vorübergehend. Kulturen sind vage Annahmen von Feldern, Muster, die sich ineinanderweben, ein Rorschach Test im Grossen. Nach Identität in einer Kultur zu suchen, heisst Grenzen ziehen. Grenzen ziehen heisst, Konflikte herausfordern. Vor einer solchen Praxis kann nur gewarnt werden.
Stimmt man mit dem gesagten überein, so können die Menschen als Einzelne und in der Gruppe gewinnen, wenn sie sich Buddha und Parfit anschliessen und Identität auf mentale Zustände reduzieren. Mit dieser Definition kann man, statt nach Identität zu suchen, das offene Geheimnis der Identität anerkennen, dass nämlich eine (wenn auch nicht meine) Identität immer schon gegeben ist. Man ist schon immer identisch mit Teilen der Psyche, man ist immer Teil irgendeiner Gruppe, einer Familie. Man hat immer Erinnerungen an irgendeine Kindheit, immer Hoffnungen für irgendeine Zukunft. Eine Gruppe hat immer irgendwelche Siege zu feiern, irgendwelche Ängste vor Veränderung. Denen, die Identität beschwören, wird sie schnell zu einer Heim-suchung ohne Hoffnung auf Erfolg. Identität bedarf nicht der Suche, sie ist uns bereits anheimgegeben.
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Footnotes
1. “Deutsch in Europa.” München: Goethe Institut Inter Nationes, 2001.
2. Eine sinnvolle Definition der Ichidentität, wenn sie denn notwendig ist, muss, auf E. H. Erikson aufbauend, als Zusammenhang, nicht als Übereinstimmung von Individuation und Sozialisation konstruiert werden. (vgl. Erikson, Erik Homburger (1959): Identity and Life Cycle. New York, International Universities Press.)
3. Tatsächlich reichen die Anfänge dieser, scheinbar ausschliesslich europäischen, Imagination bis weit vor die Aufklärung zurück. Ob Herder im übrigen eine Gleichstellung der Kulturen im Sinn hatte, ist zu bezweifeln. In Auch eine Philosophie der Geschichte der Menschheit (1774) spricht er der einzelnen Kultur eine inherente Wertigkeit nur auf der ihr eigenen Entwicklungsstufe zu. Obwohl Herder in einer ausführlicheren Analyse der Begriffsgeschichte sicher eine Schlüsselrolle zukommt, möchte ich hier nicht weiter auf ihn eingehen.
4. Kurz gesagt, geht es um das Problem, was genau wie genau mit sich selbst identisch ist, da sich doch Geist und Körper offensichtlich ständig verändern. Die bekannte Erklärung des Kontinuums in der Tradition von Plato, Descartes und im Christentum, dass die Person durch eine immaterielle Seele gekennzeichnet sei, wird heute kaum noch ernsthaft philosophisch diskutiert. Die Diskussion dreht sich z.Zt. vor allem darum, inwieweit ein Zusammenhang von Physis, insbesondere das Gehirn, und psychischen Zuständen personale Identität bestimmt. Für eine ausführliche Darstellung der historischen Entwicklung und gegenwärtigen Diskussion siehe Noonan, H. (1989): Personal Identity, London: Routledge & Kegan Paul; und Unger, P. (1992): Persons, Consciousness and Value, New York: Oxford University Press. Es gibt in Europa mittlerweile eine besonders auffällige Diskrepanz zwischen dem, was den Menschen im kulturellen und aktionistischen Mainstream zum Identitätsbau angeboten wird und den Gedanken der Leuten die Fragen der Identität “wissenschaftlich” bearbeiten.
5. Hier in einer Arbeitsdefinition: das was die Buddhismuskunde pre-mahāyānistic buddhism nennt. In etwa der Buddhismus, wie er sich in den kanonischen Schriften des Pāli-kanons zeigt.
6. Wie etwa die Pudgalavādins, die schon früh für die Annahme einer Person (pudgala) argumentierten. Der locus classicus für die Zurückweisung der Pudgalavādin Thesen ist Kap.9 des Abhidharmakośabhāṣyam (leicht zugänglich in Englischer Übersetzung: Pruden, Leo M. (Transl.): Abhidharmakośabhāṣyam. Berkeley: Asian Huamanities Press, 1988-1990. 4 vols.)
7. Ausgabe der Pāli Text Society vol. II, S.124-125. London: PTS Press, 1922 [1982].
8. Dass sich Identität nicht direkt beobachten lässt, ist (mehr als zweitausend Jahre später) auch Hume aufgefallen, als er mit seiner Form der guten Einsicht experimentierte: “When I enter most intimately into what I call myself, I always stumble on some particular perception or other, of heat or cold, light or shade, love or hatred, pain or pleasure. I never catch myself at any time without a perception, and never can observe anything but the perception.” Hume, David (1739): A Treatise of Human Nature, ed. L.A. Selby-Bigge. Oxford: Clarendon Press, 1978, S. 252.
9. Ich kann das Thema hier nur kurz skizzieren, für eine ausführliche Darstellung siehe: Selfless Persons. Collins, Steven (1982) Cambridge: Cambridge University Press. Besonders interessant ist der zweite Teil, in dem Collins untersucht, auf welche Weise die Anattā Theorie die religiöse und gesellschaftliche Praxis in buddhistischen Gesellschaften beeinflusst hat.
10. Der grösste Unterschied besteht natürlich darin, dass das europäische Rechtssystem, anders als der Vinaya, nicht Mittel zur Erlangung eines religiösen Zieles ist. Notwendig sekulär befindet es sich (wie die Kultur als ganzes) auf einer vergleichsweise gut geregelten Expedition ins Nichts. Der einzige Weg, der die gemeinsame Phantasie beschäftigt, ist der des technischen Fortschritts. Eine Vision wiederum, wie sie dem Buddhismus völlig fremd ist.
11. Ch’en, Kenneth: “Filial Piety in Chinese Buddhism.” Harvard Journal of Asiatic Studies 28 (1968).
12. Diese Gelassenheit ist in der Moderne sehr auf die Probe gestellt worden. Im 20. Jahrhundert hat der Buddhismus mehr an Zerstörung und Entwurzelung erfahren als in allen Jahrhunderten zuvor. Die Zerstörung der Buddhabildnisse in Afghanistan sind das bei weitem kleinere Übel. Kommunistische Regime haben buddhistische Kulturen in der Sowjetunion, China, Nordkorea, Vietnam, Laos und natürlich Tibet zerstört. Besonders brutal wurde der Buddhismus in Kamboscha vernichtet, wo unter Pol-pot etwa 40.000 Mönche starben.
13. Es gibt zweifellos in der buddhistischen Tradition keinen ausführlichen Diskurs über missionarische Tätigkeit. Die missionarischen Aktivitäten mancher buddhistischer Gruppen heute sind eindeutig auf christliches Vorbild zurückzuführen.
14. Die unterschiedliche Auffassung von Identität führte im übrigen nicht nur zu einer unterschiedlichen Einschätzung der Beziehung von Religion und Staat, sondern auch zu einer nicht-teleologischen Auffassung von Geschichte. Subjekte der buddhistischen Historiographie sind Einzelne oder die Lehre selbst, nicht Völker, Staaten oder Spezies.
15. Reduktionalismus bedeutet die Reduktion von Identität auf geistig-körperliche Zustände. Im Gegensatz dazu nimmt eine Nicht-reduktionalistische Auffassung “eine spezifische Art des Selbstbewusstseins” an (s.o. Brockhaus Zitat).
16. Es ist viel darüber geschrieben worden, wie “buddhistisch” Parfits Ansatz sei. Siehe u.a.: Stone, Jim (1988): “Parfit and the Buddha: Why There Are No People.” Philosophy and Phenomenological Research 48; und Collins, Steven (1997): “A Buddhist Debate About the Self; and Remarks on Buddhism in the Work of Derek Parfit and Galen Strawson.” Journal of Indian Philosophy 25:5.
17. Reasons and Persons, S.273.
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